Shantel & Bucovina Club Orkestar
Do., 19. Dez. 2013 20:00 @ WUK , Wien
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In seinem neuen Song „All the Glamour Has Gone“ fragt Shantel:
“What’s wrong with action,
what’s wrong with fashion,
what’s wrong with passion?”
Wir fragen uns: What’s wrong with Shantel? Und entdecken die nächste Metamorphose dieses faszinierenden Künstlers und Produzentens. In den Neunzigern war er der vielleicht gefragteste deutsche Downbeat-Act, ein Meister und Connaisseur im Verbinden exotischer Klänge mit Electronica. In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends erfand er fast im Alleingang ein neues musikalisches Genre, welches eine weltweite Ausstrahlung und Heerscharen von Kopisten erfuhr. Sein bisher erfolgreichstes Album „Disko Partizani“ war in vielen europäischen Charts in den Top 20 vertreten, war wochenlang auf Platz 1 der türkischen Charts und Platinstatus in ganz Südosteuropa. Er schrieb Filmmusik für Fatih Akin und Sasha Baron Cohen, spielte auf dem Filmfestival von Cannes und als einer der ersten deutschen Musiker auf dem legendären englischen Glastonbury Festival, in Montreux (unter den Augen der sichtlich beeindruckten Kollegen Prince & Quincy Jones), bei der Milano Fashion Week, dem Cerventino Festival in Mexiko, dem Tim Festival in Rio de Janeiro (als Co-Headliner mit Daft Punk und den Beastie Boys) und auch sonst auf allen wichtigen Festivals der Welt. Shantel hat es nach vielen Jahren hartnäckiger Basisarbeit in Europa zur wohlverdienten internationalen Prominenz gebracht, mit über 1.000 gespielten Shows ist er mit seinem Bucovina Club Orkestar Garant für ein Live-Spektakel der absoluten Spitzenklasse und eine traumwandlerisch enge Kommunikation mit seinem Publikum. Eine Position auf der er sich eigentlich bequem ausruhen und so fortfahren könnte. Und nun halten wir die nächste seiner Häutungen in Händen und stellen uns die Frage, wie das nun wieder einzuordnen sei? Eigentlich ist es ja ganz einfach: Shantel schafft ein Hybrid, bringt Underground, Musikgeschichte und damit auch Sozialgeschichte zusammen, verwirbelt sie mit seiner kreativen Energie und am Ende des Prozesses bildet das Album seinen persönlichen Erfahrungsschatz ab und wandert dabei, wie er selber sagt, „zwischen Popkultur, Hochkultur, und Streetcredibility .“ Musikgeschichte, genauer die Frühgeschichte einer populären Musik, die internationale Verbreitung fand, war auch das Thema der von Shantel und Oz Almog zusammengestellten, aufwändig ausgestatteten und von Martin Scorsese hochgelobten Produktion „Kosher Nostra – Jewish Gangsters’ Greatest Hits“, einer einmaligen Zeitreise in die Musikclubs, Revuetheater, Spielkasinos der 20er- bis in die 60er-Jahre.
Während seine letzten Alben konzeptionell angelegte Produzenten-Alben waren, ist „Anarchy & Romance“ sein erstes Artist-Album, das den Musiker ins Zentrum stellt. Waren früher Bässe und Beats mit dem klarem Ziel konstruiert, die Dancefloors zu erreichen, wagt er einmal wieder eigene Welt abseits der üblichen Routen zu kreieren und einen völlig neuen Ansatz zu wagen, die Uhr auf Null zurückzudrehen: Shantels neuer Sound geht von der Live-Situation aus, ist offener, riskanter, rauer, krachiger - in einem Wort vielfarbiger. Die Elektronik steht nicht mehr im Vordergrund, sondern ein organischer dreckiger Garagen-Band-Sound. Shantel schreibt und singt alle Stücke selbst, spielt Gitarre und viele andere Instrumente, benutzt keine Samples (bis auf ein einziges, doch dazu später). Songideen wurden ganz zufällig auf Reisen oder während langer Sessions in Hotelzimmern entwickelt. Neben der tighten Rhythmusstruktur liegt die Emphase klar auf den Melodien und Harmonien – das Energielevel bleibt dabei immer hoch: Peitschende Gitarren, die Schweineorgel (hier ein altes Fender Rhodes-Piano aus den 70ern) heult auf, der Boogie wird in Synkopen zerlegt, eine Diskonummer wird mit einer Flamenco-Rock-Gitarre befeuert, minimalistische Shuffle-Beats und eine Prise Rockabilly sorgen für die hedonistische Abfahrt. Eine Abkehr von dem Shantel, wie wir ihn kennen, ist das also nicht, sondern „Logical Progression“. Orientalische Skalen und Harmonien aus dem Mittleren Osten mit Reminiszenzen an den Smyrna-Sound, dem Geburtsort des bluesigen Rembetiko, blitzen auf. Wenn das Kind von 1968 seinen Blick auf die späten 50er und frühen 60er Jahre richtet, dann ist es ein Blick durch ein Prisma. Ein Beispiel dafür ist seine Reinterpretation des finnischen Tango-Krachers „Letkis – A Touch Of Beauty“ – hier ist auch das einzige benutzte Sample versteckt. Doch der Sixties Flavour wird immer wieder gebrochen und neu betrachtet – sonst wäre es ja keine Shantel-Produktion!
Der geheime Topstar der Aufnahmen ist EIN analoges Mikrophon! Genauer: das legendäre röhrenverstärkte Bändchen-Mikrophon RCA 44 von AEA mit seiner unverfälschten Räumlichkeit. Es baut mehr Druck auf und erfordert deshalb höchste Disziplin beim Spielen, auch das Schlagzeug wurde nur mit diesem Mikrophon aufgenommen (also keine getrennten Spuren). Der Gitarrensound wird durch einen originalen Vox-Gitarrenverstärker aus den 60sSechzigern erzeugt. Die Effekte: das berühmte Fulltone Echoplex Bandecho und ein Federhall. Dieser konservative Ansatz, nur eine minimale Technik zu benutzen, ist geradezu revolutionär und trägt stilbildend zum Sound von „Anarchy & Romance“ bei. Die passenden Studio-Vibrationen holte man sich in den legendären und altgedienten Berliner Hansa Studios. Ein bisschen Namedropping? OK, Iggy Pop, David Bowie, Depeche Mode, die Einstürzenden Neubauten, Falco, Nick Cave - sie alle nahmen im Studio mit Blick auf die Mauer auf.
Gäste sind diesmal Justin Adams, der zurzeit die rechte Hand und Gitarrist von Robert Plant (Led Zeppelin) ist, die beiden sind gerade dabei, mit der Band „The Sensational Space Shifters“ einmal wieder Musikgeschichte zu schreiben; Cherilyn MacNeil und Emma Greenfield von der Neo-Folk-Band „Dear Reader“, die für den ausgezeichneten Film „Oh Boy“ den Titelsong beigesteuert haben; die Bass-Legende Ken Taylor sowie Streicher der Jungen Philharmonie Frankfurt am Main.
Zum Release von „Anarchy & Romance“ erscheint das von Shantel herausgegebene und streng limitierte „ALRIGHT MAGAZIN“ – ein Kompendium für Politik, Musik, Kunst & Lifestyle, mit Beiträgen über das berühmte Frankfurter Rotlichtviertel und seine Beat-Clubs der 50er und 60er Jahre, einen Zeitzeugenbericht über das Hanau der 60er Jahre und wie dabei zufällig Punkrock erfunden wurde, ein Essay über die Geschichte des Rock’n‘Roll in Deutschland und wie indonesische Rock-Bands dabei Entwicklungshilfe leisteten, eine Fotostrecke von Horst A. Friedrichs zum Thema „The Kiez is alright“ so verschwendete ich meine Jugend.
Lassen wir Shantel das letzte Wort: „Ein Diamant gibt mir nichts, nur in einem Misthaufen gedeihen wundersame Geschöpfe! In einer Zeit hyper-beschleunigter Trends und einer globalisierten Welt, in der musikalische Genres nur so zusammenschmelzen, dass ihre Ursprünge nicht mehr erkennbar sind, möchte ich konservative Pop- und Rock-Klischees, revolutionär auf den Kopf stellen. Mir geht es um ein generelles, kritisches Lebensgefühl, losgelöst von Genres oder Stilen. Es hat nichts mit Fashion, Hype oder Hipness zu tun, es ist völlig out, völlig unzeitgemäß, es ist ein bisschen Vintage und sentimental aber dennoch die musikalische Zukunft und einfach nicht zu fassen. Songs, Balladen & Party-Burner treffen auf den Sound der wilden Sixties, Rock’n’Roll und Future-Funk, meine geliebten Rickenbacker-Gitarren, ein krachendes Schlagzeug und ein Fender Rhodes-Piano rocken mit den Blechbläsern meiner Band, als ob es der letzte Tag der Menschheitsgeschichte wäre...“
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